Diese paradoxe Forderung ist kunsttheoretisch ein zwangsläufiges Urteil. Nur eine Herrschaft des Rechtes des platonisch kultivierten Stärkeren, die gleichzeitig die aristotelische Herrschaft durch Entwicklungsfreiheit garantiert, kann beides gewährleisten, kulturrevolutionären Fortschritt und Verhinderung einer archaischen Hybris, den Rückfall in die machtmißbräuchliche und kulturvandalistische Barbarei der natürlichen Vernunft. Dies gilt für die einzelne Entelechie und auch für die Polis als Ganzes. Die Einheit in der Vielfalt, das klassische Ideal der Kulturträger aus dem 18ten und 19ten Jahrhundert, der erkenntnistherapeutische Einschlag aus der Zukunft, aus Neu – Weimar kann verwirklicht werden, wenn Platon und Aristoteles in der Goethea, in dem Goethe, in der erkenntnisgeleiteten Tat zusammenfinden. Die Politeia, in der Philosophen, Wächter und Werktätige einträchtig den weltbürgerlichen Stadtstaat auf Dauer hervorbringen, ist im Menschen veranlagt. Der Polisgedanke wird sich eines Tages selbst im ganzen Kosmos durchsetzen. Der Mensch muß sich allerdings zu diesem freiwillig aufraffen. Im Modell der “Sozialen Dreigliederung” hat Rudolf Steiner jenen vorgezeichnet. Das augenblicklich politisch unterstützte multikulturelle Konzept ist zum Scheitern verurteilt, weil es einerseits nicht die polytheistische Mannigfaltigkeit in ihrer Gänze wachsen läßt und andererseits auf einen rigorosen Integrismus verzichtet, der das Gewaltmonopol ohne Ikonoklasmus, die Rechtsgleicheit ohne Apartheid, die kommunistische Güterverteilung ohne Armut und ohne Feudalstrukturen, die Biopolitik ohne Versklavung und Dauerfolter der Individualität nur für sich ohne Ausnahme beansprucht.